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Coverstory

Umweltrecht – wider die Zähmung der Spinner

Mit „RdU – Recht der Umwelt“ gründete Ferdinand Kerschner 1994 die erste Fachzeitschrift Österreichs dieser Art. Seit 2004 ist Wilhelm Bergthaler mit an Bord. Gemeinsam treiben sie die Entwicklung von Umweltrecht, Klimaschutzrecht und Biodiversitätsrecht voran.
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Redaktion
Reinhard Ebner
Datum
28. März 2022

„Wider die Zähmung der Spinner“ – so lautet der Titel eines Vortrags von Ferdinand Kerschner auf YouTube. Für Kerschner ist der Begriff positiv besetzt: „Wer sich für Umwelt- und Klimaschutz einsetzt, läuft Gefahr, als Spinner bezeichnet zu werden. Menschen wie Greta Thunberg haben jedoch mehr bewirkt als mächtige Politiker.“
 

Das Engagement für den Umweltschutz war Kerschner quasi in die Wiege gelegt. „Ich bin auf einem kleinen Bauernhof am Land aufgewachsen zu einer Zeit, als Düngemittel- und Pestizid-Einsatz bei den Landwirten rundherum immer mehr zunahmen und wilde Deponien die Landschaft verschandelt bzw. das Grundwasser verunreinigt haben.“
 

Institut für Umweltrecht und Umweltrechtstage
 

Revoluzzergeist zeigte der Jurist bei der 1996 erfolgten Gründung des Instituts für Umweltrecht an der JKU Linz, dem er bis zu seiner Pensionierung 2014 vorstand: „Ich hatte mit heftigem Widerstand von verschiedenen Seiten, auch von Kollegen, zu kämpfen. Nach dankenswerten Anschubfinanzierungen vom Land Oberösterreich und von der Stadt Linz gelang eine Gründung als Drittmittelinstitut. Seit 2014 leitet meine Nachfolgerin Erika Wagner das schon seit längerem reguläre Universitätsinstitut mit viel Erfolg, Engagement und Herzblut.“
 

Auf keinerlei Widerstand stieß Kerschner, als er 1994 die Gründung der Zeitschrift „RdU – Recht der Umwelt“ initiierte. „Diplomkaufmann Franz Stein, der damalige MANZ-Eigentümer, hat mich und den Kollegen Bernhard Raschauer, damals auch Umweltanwalt in Niederösterreich, mit offenen Armen aufgenommen und war sofort mit Empathie und Begeisterung dabei.“
 

Zur Fachzeitschrift kam die gleichnamige Schriftenreihe, in der mittlerweile 53 Bände erschienen sind. Ab 1996 veranstaltete Kerschner darüber hinaus gemeinsam mit Raschauer und dem Österreichischen Wasser- und Abfallwirtschaftsverband (ÖWAV) die Österreichischen Umweltrechtstage, die größte Tagung ihrer Art.

„Die Beilage 'Umwelt & Technik' ist interdisziplinär angelegt, die Tätigkeit für die Zeitschrift sehe ich als Übersetzungsleistung. “
WILHELM BERGTHALER, JKU LINZ

Das Lieferkettengesetz in „Umwelt & Technik“

 

Seit 2004 ist Wilhelm Bergthaler an Bord. Er verantwortet die eingeheftete Beilage „Umwelt & Technik“ als Schriftleiter. Der studierte Anglist und Jurist sieht seine Tätigkeit nicht zuletzt als Übersetzungsleistung. Die Leserschaft geht über den Kreis der Rechtsanwenderinnen und -anwender hinaus. „Die Beilage wird auch von Ökologinnen und Ökologen, Technikerinnen und Technikern sowie Planerinnen und Planern gelesen.“

 

Interdisziplinäre Beiträge von Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher Fachgebiete sind ein Markenzeichen von „Umwelt & Technik“. Viel Wert legt der Schriftleiter auf allgemeine Verständlichkeit. Bergthaler schätzt die Innovationskraft seiner Leserschaft, die in „Umwelt & Technik“ zugleich zum Gegenstand der Berichterstattung wird. Damit ist die Funktion als Schriftleiter auch für seine Arbeit als JKU-Universitätsprofessor für Umweltrecht und als Partner der Rechtsanwaltskanzlei Haslinger/Nagele fruchtbringend.

 

Die Energie- und Mobilitätswende war schon während der letzten zwei Jahre das Megathema schlechthin und wird es auch 2022 bleiben, so Bergthalers Überzeugung. Daneben wird das Lieferkettengesetz heuer sicherlich noch des Öfteren aus unterschiedlichen Blickpunkten in „Umwelt & Technik“ beleuchtet werden. „Beim Lieferkettengesetz greift das Umweltrecht ins Menschenrecht.“

„Auf die heutige Jugend kommen enorme Lasten zu, die von meiner Generation verursacht wurden.“
FERDINAND KERSCHNER, RECHT DER UMWELT

Verursacher- und Vorsorgeprinzip

 

Bei seinen Tagungen und Veranstaltungen ist Bergthaler die Einbindung der jüngeren Generation wichtig. Die Sorge um die Jungen teilt auch RdU-Schriftleiter Ferdinand Kerschner. Dieser sieht die Bemühungen um Umwelt- und Klimaschutz, Biodiversität und Nachhaltigkeit als eine Bringschuld der älteren gegenüber der jüngeren Generation: „Auf die heutige Jugend kommen enorme Lasten zu, weil meine Generation mehr Umwelt- und Klimaschäden verursacht hat als alle Generationen vor uns.“

 

Kerschner fordert in diesem Zusammenhang besonders die Achtung des Verursacher- und des Vorsorgeprinzips ein. „Zurzeit werden die meisten Kosten der Klimaschäden nicht vom Verursacher, sondern vom Steuerzahler getragen.“ Großen Aufholbedarf sieht der Jurist in Österreich beim Immissionsschutzrecht, aber auch in Fragen der Amtshaftung. „Hier versuche ich, mit der Zeitschrift und mit meinen Publikationen auch auf die Rechtspraxis einzuwirken.“

 

Nachhaltigkeitsrecht und Verkehrsrecht

 

Über die Jahre hinweg augenfällig sei der Rückfall Österreichs bei den Bestimmungen und der Umsetzung des Umweltrechts im Vergleich zu anderen Staaten. „Als Österreich der EU beigetreten ist, bestanden große Bedenken, dass das EU-Recht für die Umwelt nachteiliger sein könnte als nationales Recht. Mittlerweile leben wir hierzulande vom Umweltrecht der EU.“

 

Wobei Kerschner das Umweltrecht sehr breit definiert. In seine Zeitschrift finden längst auch Nachhaltigkeitsrecht, Klimaschutzrecht und Biodiversitätsrecht Eingang. Im Klimawandel und im Rückgang der Biodiversität sieht der Jurist „die größten Herausforderungen des Jahrhunderts“.

 

2022 wird sich die Verkehrs- und Energiewende in den Beiträgen der RdU spiegeln. „In den beiden jüngsten Ausgaben bringen wir unter anderem zwei große Aufsätze über nachhaltiges Verkehrsrecht.“ Natürlich wird die Zeitschrift auch als Forum dienen, um das neue Klimaschutzgesetz und die Novellen zum EAG zu diskutieren.

Gekürzte Version der „Coverstory“ aus der RECHTaktuell 2/2022. In der Langfassung erzählt Ferdinand Kerschner unter anderem, wie er mit eigener Muskelkraft das Klima schützt. Die Zeitschrift „RdU – Recht der Umwelt“ können Sie im MANZ-Webshop bestellen.