Recht in Raum und Zeit
Alleinvertretungsansprüche im Bereich der Rechtssysteme sind Sebastian Mock suspekt. „Rechtsprobleme lassen sich auf unterschiedliche Arten lösen“, weiß der Universitätsprofessor, der über vielfältige internationale Erfahrungen verfügt.
Fast wäre Sebastian Mock Journalist geworden. „Ich habe mit dem Gedanken gespielt“, erinnert er sich. Bereits während seiner Schulzeit am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Mühlhausen schrieb Mock nebenbei für die Thüringer Allgemeine, die auflagenstärkste Tageszeitung in der Region. Als Lokalberichterstatter besuchte er Kultur- und Sportveranstaltungen.
Ein Naheverhältnis zur Medientätigkeit bestand nicht zuletzt durch den Vater. Hans-Joachim Mock war ein viel gebuchter Profifotograf in Mühlhausen.
Vom Journalismus zum Recht
Gereizt hätte den Sohn auch die Geschichte. Schließlich entschied er sich jedoch für das Studium der Rechtswissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Das einstmalige Ostdeutschland wurde ihm bald zu eng. Sein Ausbildungsweg führte ihn in der Folge ins französische Montpellier, nach Hamburg sowie an die New York University School of Law, wo er einen LL.M. erwarb und das Bar Exam ablegte.
Parallel dazu arbeitete er an seiner Doktorarbeit über die „Finanzverfassung der Kapitalgesellschaften und internationale Rechnungslegung“. 2013 habilitierte er sich an der Universität Hamburg mit einer Arbeit über „Die Heilung fehlerhafter Rechtsgeschäfte“.
„Die Beschäftigung mit der Rechtsgeschichte und mit anderen Rechtsordnungen hat mich gelehrt, dass sich klassische Rechtsprobleme auf unterschiedlichen Wegen lösen lassen“, erzählt er. „Gerade das deutsche Recht hält ja besonders viel von sich selbst. Mir war dieser Alleinvertretungsanspruch immer ein wenig suspekt.“
Große Unterschiede sieht Mock zwischen dem österreichischen oder deutschen und dem US-amerikanischen Rechtssystem. „In den USA wird in geringerem Umfang durch den Gesetzgeber kodifiziert. Das Recht entsteht vielmehr durch konkrete Gerichtsentscheidungen.“
Der Jurist vergleicht dies einprägsam mit Gartenmodellen. „Der englische Landschaftsgarten wächst aus sich heraus, während im französischen Barockgarten der gestalterische Wille schon in der Planungsphase klar zutage tritt.“ Das ABGB wäre somit solch ein französischer Garten.
Wertend will Mock dies nicht verstanden wissen. „Bei der Lösung sozialer Konflikte zählt letztlich die Frage, ob der jeweilige Ansatz funktioniert. Die Rechtsgeschichte zeigt, dass beide Modelle ihre Vorzüge haben.“
Vielfach kämen Rechtsordnungen auf unterschiedlichen Wegen zu ähnlichen Lösungen. „Es scheint so etwas wie universelle Gesetze zu geben. Das gilt beispielsweise für das Kapitalmarktrecht, auch wenn es oftmals zu Unrecht als US-amerikanisch geprägt wahrgenommen wird.“
In der Lehre legt der Universitätsprofessor großen Wert auf den historischen Kontext. Nicht weil die Beschäftigung mit der Rechtsgeschichte nach wie vor ein gern gepflegtes Steckenpferd ist, sondern weil es dabei hilft, den Sinn einer Norm zu verstehen. „Jede Norm hat einen Zweck. Wenn ich diesen nicht erkenne, habe ich die Norm nicht verstanden.“
„Jede Norm hat ihren Zweck und ihre Geschichte. Wenn ich beides nicht kenne, kann ich die Norm nicht verstehen.“
SEBASTIAN MOCK
Mongolei bis Kasachstan
Mocks Vita beinhaltet aus europäischer Sicht exotische Stationen: Er war etwa an der Entwicklung eines privatrechtlichen Rahmens für die Mongolei nach dem Ende des Kommunismus beteiligt. „Die mongolische Justiz musste sich erst entwickeln. Die Herausforderung bestand daher unter anderem darin, ein System zu schaffen, das in seiner Gesamtheit leicht fasslich und umzusetzen sein sollte.“
Auch nach Almaty führte ihn seine berufliche Tätigkeit. In der kasachischen Metropole evaluierte er den Studiengang „LL.M. in International Law“ an der Juristischen Fakultät des Kasachischen Instituts für Management, Wirtschaft und Prognostizierung. „Mich reizen solche Orte, wo man sonst nicht hinkommen würde“, erklärt er.
Autor und Trainer
Im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit beschäftigt sich Mock zurzeit intensiv mit der Thematik der CSR-Berichterstattung. Die konkrete Ausgestaltung durch den EU-Gesetzgeber sieht er zum Teil kritisch: „Die EU neigt dazu, einen gigantischen Apparat an Regeln zu erstellen. Hier wäre manchmal weniger mehr. Anstatt von jedem Unternehmen alles einzufordern, könnte man sich auf die jeweils relevanten Aspekte beschränken und nur die Unternehmen verpflichten, bei denen die CSR-Berichterstattung für die Öffentlichkeit von Belang ist.“
CSR-Themen werden wohl auch in den UGB-Kommentar einfließen, an dem Sebastian Mock gegenwärtig arbeitet. In Vorbereitung ist darüber hinaus die Neuauflage des „Lehrbuchs Kapitalgesellschaftsrecht“. Der Universitätsprofessor übernimmt die Autorenrolle für den 2023 verstorbenen Christian Nowotny und verfasst das Werk fortan gemeinsam mit Stefan Fida.
Der bekennende Fan des Hamburger SV zieht aus seiner Leidenschaft fürs runde Leder auch akademischen Nutzen: Derzeit bereitet er ein Team aus WU-Studierenden für einen Moot-Court zum Fußballrecht in Barcelona vor. Eine Konstellation, der er etwas Humoristisches abgewinnt: „Es hat seinen Reiz, wenn das österreichische Team ausgerechnet von einem gebürtigen Deutschen trainiert wird.“
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