© Franke
AUTORIN DES MONATS · RECHTaktuell 01/2024

Wissen, wo der Schuh drückt

Die MANZ-Autorin ist Co-Autorin eines wichtigen Lehrbuchs zum Arbeitsrecht.
Artikel teilen
Redaktion
Reinhard Ebner
Datum
29. Januar 2024

MANZ-Rot ist eine dominierende Farbe im JKU-Büro von Barbara Kammler. Die Vorstand-Stellvertreterin des Instituts für Recht der sozialen Daseinsvorsorge und Medizinrecht publiziert auch selbst im Verlag.

Manche Dinge lassen sich nicht planen, sie passieren einfach: Just zum Zeitpunkt des Interviews kommt der Bote mit dem Paket von MANZ ins Büro. Barbara Kammler nimmt die Buchlieferung entgegen und legt sie vor sich am Schreibtisch ab. Dort ist bereits eine Glückwunschkarte des Verlags aufgestellt, die der Vorstand-Stellvertreterin des Instituts für Recht der sozialen Daseinsvorsorge und Medizinrecht „Glitzernde Feiertage“ wünscht.

Das Gespräch findet wenige Tage vor Weihnachten statt. Nebel verschluckt die Geräusche der nahen Baustelle, die Linzer Johannes Kepler Universität bekommt ein Parkhaus für die Studierenden und Lehrenden. Kammlers Büro befindet sich im dritten Stock des sogenannten Bankengebäudes am Unigelände. „Sonst schaue ich direkt auf den Campus“, erzählt sie. In den Bäumen draußen, die jetzt nur schemenhaft zu erkennen sind, werden im Frühling wieder die Vögel zwitschern.

„Ich mag, dass es hier so grün ist“, meint Kammler. Bei ihr zu Hause im Mühlviertel scheint die Sonne, „aber es ist knackend kalt“. Ihren familiären und beruflichen Lebensmittelpunkt hat die Juristin nördlich der Donau, wo sich auch die Universität befindet.
 

„Um aktuelle Rechtsprobleme lösen zu können, braucht es das Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Praxis.“

BARBARA KAMMLER, JKU Linz


Von AK bis JKU

Aufgewachsen in St. Georgen an der Gusen, besuchte Kammler das BORG in Perg. „Ursprünglich wollte ich nach Wien, um Medizin zu studieren.“ Dass der Beruf der Ärztin als wenig familienfreundlich gilt, schreckte sie jedoch ab. Also inskribierte sie Mathematik und Physik im Lehramtsstudium.

Noch im ersten Semester begleitete sie eine ehemalige Schulkollegin zu einer juristischen Vorlesung, und sie biss an. „Das Lösen von Fällen, das Anwenden von Normen – all das hat mir sehr entsprochen, weil es analytisches Denken erfordert.“ Noch während des Studiums wurde sie als Studienassistentin von Universitätsprofessor Reinhard Resch am Institut für Arbeitsrecht und Sozialrecht tätig.

Nach einem Gerichtspraktikum am Bezirksgericht Mauthausen und am Landesgericht Linz folgte sie dem Ruf der Arbeiterkammer. Fast ein Jahrzehnt lang, zwischen 2000 und 2010, arbeitete sie als Rechtsreferentin für die AK Linz.

Der Ausflug in Beratung und Grundlagenarbeit für die Praxis befruchtet bis heute ihre wissenschaftliche Tätigkeit. „Es geht mir nicht um Parteinahme für die eine oder die andere Seite, seien es nun Arbeitnehmer oder Arbeitgeber. Aber bei wissenschaftlichen Fragestellungen hilft es, wenn man weiß, wo der Schuh drückt.“

Kammler versucht, eben jene Themen objektiv und neutral aufzuarbeiten, die in der Praxis eine Rolle spielen. Als Beispiel nennt sie Fragen der geminderten Arbeitsfähigkeit im Pensionsversicherungs- und Arbeitslosenversicherungsrecht, das Thema ihrer bei MANZ erschienenen Dissertation. „In der Rechtsberatung hatten wir viele Fälle, die zwischen PVA und AMS im Kreis geschickt wurden. Für die Betroffenen war das furchtbar“, erinnert sie sich.

Letztlich wurde das Gesetz abgeändert, „und zwar recht ähnlich, wie ich das in meiner Dissertation vorgeschlagen hatte“. Ob sie das auf ihre Anregung zurückführt? Kammler gießt Tee aus der dampfenden Thermoskanne nach und nimmt einen Schluck aus einer rosaroten Tasse, die sie mit beiden Händen zum Mund führt. Sie überlegt. „Ich würde nicht unbedingt von direktem Einfluss auf die Gesetzgebung sprechen. Aber es ist wichtig, solche Fragen an den Universitäten zu erörtern. Um aktuelle Rechtsprobleme früh zu erkennen und gute Lösungen dafür zu finden, braucht es ein Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Praxis.“


Arbeitsrecht in achter Auflage

Der Blick fällt auf die Bücherwand, die sich bis auf einige Aktenordner fast zur Gänze in MANZ-Rot präsentiert. „Auch ich selbst publiziere überwiegend bei diesem Verlag. Eine Ausnahme ist meine Rolle als Co-Autorin einer systematischen Darstellung des Gesundheitsrechts, die im Verlag des ÖGB erschienen ist.“

Nahezu druckfrisch ist die achte Auflage des „Rechtstaschenbuch Arbeitsrecht“, die Kammler gemeinsam mit Institutsvorstand Reinhard Resch im Herbst 2023 herausgebracht hat. „Das Lehrbuch dient an der Universität als Prüfungsvorlage. Aufgrund des schnelllebigen Rechtsgebietes steckt in den Neuauflagen immer sehr viel Arbeit.“

Gleich neben dem Buchregal formen Post-its in Neonpink ein riesiges Herz. „Damit haben mich die Kolleginnen nach meiner Hochzeit überrascht“, erklärt Kammler. Im Mai hat sie geheiratet. Gemeinsam mit den Kindern aus jeweils erster Ehe wohnen sie und ihr Mann als große Patchworkfamilie in Kefermarkt. „Am Wochenende sind wir oft zu siebt.“

Dass der Gatte als selbständiger Rechtsanwalt in Freistadt arbeitet, schätzt die Juristin – eine weitere Rückkoppelung zwischen Wissenschaft und Praxis, diesmal innerhalb der eigenen Familie. „Es ist gut, einen juristisch vorgebildeten Diskussionspartner zu haben, der einen anderen Blickwinkel hat.“

Sämtliche Titel von Barbara Kammler können Sie im MANZ Webshop bestellen.

Artikel teilen
RECHTaktuell 01/2024