Dem Vergessen entrissen: Präsentation „Advokaten 1938“
„Ein wichtiger und erfreulicher Bestandteil der Wiederherstellung der historischen Wahrheit“ – es geschieht nicht oft, dass eine Publikation aus dem MANZ Verlag ein so hehres Ziel erfüllt, wie es Ex-Bundespräsident Heinz Fischer am 24. Mai bei der Buchpräsentation von „Advokaten 1938“ formulierte.

Der „Verein zur Erforschung der anwaltlichen Berufsgeschichte der zwischen 1938 und 1945 diskreditierten Mitglieder der österreichischen Rechtsanwaltskammern“ und die Rechtsanwaltskammer Wien hatten zu dieser Veranstaltung im Festsaal des Wiener Justizpalastes geladen. Anlass war das Erscheinen der 2. Auflage von „Advokaten 1938“ im MANZ Verlag. Die beiden Wiener Historikerinnen Barbara Sauer und Ilse Reiter-Zatloukal legen damit eine im Vergleich zur Erstauflage wesentlich erweiterte Arbeit über die Geschichte der Österreichischen Anwaltschaft unter der NS-Herrschaft vor. Blickwinkel sind die persönlichen Schicksale der verfolgten und entrechteten österreichischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und nun erstmals auch der Rechtanwaltsanwärterinnen und -anwärter.
Ein Gedenkprojekt
Michael Enzinger, Präsident der Rechtsanwaltskammer Wien, betonte in seiner Begrüßung, dass man sich der Schuld, die damals auch die Berufsvertreter:innen auf sich geladen haben, bewusst sei. Rechtsstaatlichkeit sei, gerade auch heute, das Non plus ultra anwaltlicher Tätigkeit.
Die Vertreter:innen der Projektsponsoren, Stefan Gschiegl vom Jubiläumsfonds der Nationalbank, und Hannah M. Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds, hoben die Wichtigkeit der von ihnen geförderten Publikation hervor und lobten die Entscheidung, das Buch auf Englisch zu verlegen. So sei ihm die nötige Verbreitung, auch in den Ländern der Hinterbliebenen, sicher. Ein „Gedenkprojekt, das eine Brücke zu einer versunkenen Welt schlägt“, nannte Hannah M. Lessing das Buch. Nicht zuletzt durch ihren Vater, den berühmten Fotografen Erich Lessing, sei ihr persönlich das Thema Vertreibung und Entrechtung immer präsent gewesen.
Berufsverbot und Arisierung
Einen bewegenden persönlichen Bezug stellte auch Susanne Stein-Pressl, geschäftsführende MANZ-Gesellschafterin, her, deren Vorfahren ebenfalls nach dem „Anschluss“ von Berufsverbot und Arisierung bedroht waren. Nur dank loyaler Mitarabeiter:innen konnten sie 1945 ihre Geschäfte wieder aufnehmen.
Als Herausgeberin und Obfrau des Vereines „Advokaten 1938“ sprach dann Alix Frank-Thomasser allen Beteiligten, vor allem aber den beiden Autorinnen, ihren Dank aus, bevor, stellvertretend für beide, Ilse Reiter-Zatloukal das Buch und seine Inhalte dem Publikum präsentierte. Der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 bedeutete für viele österreichische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte das Ende ihrer beruflichen Tätigkeit. Am 13. März 1938 waren in die Liste der Rechtsanwaltskammer in Wien 2.541 Anwälte eingetragen, am 31. Dezember 1938 waren es nur mehr 771. Ihre Schicksale werden im Buch unter enormem Recherche-Aufwand dokumentiert und so dem Vergessen entrissen.
Über den Dächern Wiens, im Justizcafé im Dachgeschoß des Justizpalasts, fand die Veranstaltung dann ihren Ausklang.
Im MANZ-Webshop können Sie die englische Fassung des Buches „Advokaten 1938“ bestellen.