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GRUNDBUCH & SCHEIDUNGSRECHT

Grundbuch: Urkundenschwärzung beantragen

Mit der Grundbuchsnovelle 2024 wurde ein neuer Antrag zur Urkundenschwärzung geschaffen. Damit lässt sich die Einsicht in die Urkundensammlung nach einem Scheidungsvergleich beschränken, erläutert MANZ-Fachautor Robert Fucik.

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Robert Fucik
© Ina Aydogan
Robert Fucik
Redakteur der Österreichischen Jurist:innenzeitung
Redaktion
Reinhard Ebner
Datum
29. Oktober 2024

Eine Konstellation, wie sie in der Praxis immer wieder vorkommt: Nach einer Scheidung übernimmt einer der Partner:innen das bis dahin gemeinsam bewohnte Haus. Dazu wird ein Kaufvertrag erstellt, in dem aus Gründen der Kostenersparnis auch Themen wie Sorgerecht, Besuchsrechte, Unterhaltszahlungen und dergleichen geregelt werden.

Die Folge: Die Urkunde mit den Details zum Scheidungsvergleich wandert ins Grundbuch. Dort konnte sie bislang uneingeschränkt eingesehen werden.


Nach EGMR-Entscheidung: GBNov 2024

Nach einer Beschwerde sah der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem Art 8 EMRK verletzt. Abzuwägen gewesen seien das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Privat- und Familienlebens auf der einen Seite und das Interesse des Staates und des Rechtsverkehrs an der Richtigkeit, Genauigkeit und (auch nachträglichen) Überprüfbarkeit von Grundbucheintragen auf der anderen Seite.

Die GBNov 2024 schafft nun einen Antrag auf Einsichtsbeschränkung nach § 6b GUG sowie amtswegige gesonderte Ausfertigungen für das Grundbuch für Scheidungsfolgenvereinbarungen/Auflösungsvereinbarungen, Aufteilungsbeschlüsse und Einantwortungsbeschlüsse.

„Mit dem neuen Antragsrecht können Antragsteller:innen die öffentliche Einsicht in Daten des Privat- oder Familienlebens in einer digital abrufbaren Urkunde beschränken.“

ROBERT FUCIK, ÖJZ

Antrag auf Einsichtsbeschränkung

Mit dem neuen Antragsrecht können Antragsteller:innen die öffentliche Einsicht in Daten des Privat- oder Familienlebens in einer digital abrufbaren Urkunde innerhalb der Urkundensammlung beschränken. Dabei wird die „originale“ Urkunde für die öffentliche Einsicht gesperrt bzw. wird die Einsicht in diese nur noch bei einem rechtlichen Interesse gewährt.

In der Urkundensammlung öffentlich zugänglich hingegen bleibt eine um die persönlichen Daten bereinigte Urkunde. Diese ist mit einem Hinweis auf das Einsichtsbeschränkungsverfahren zu versehen. Über den Antrag auf Einsichtsbeschränkung entscheidet das Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Liegenschaft liegt.


Rückwirkend und zukünftig

Der Antrag ist gebührenbefreit. Gestellt werden kann er für jede digitale in der Urkundensammlung abrufbare Urkunde, für dort bereits gespeicherte sowie für zukünftig dort abzuspeichernde Urkunden, nicht aber für Urkunden in Papierform. 

Die Novelle sieht keine Befristung der Antragstellung vor. Aktiv legitimiert sind alle Personen, über die Daten des Privat- oder Familienlebens in einer Urkunde enthalten sind. Im Antrag ist ein berechtigtes Interesse darzulegen, dass bestimmte Daten nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn das Geheimhaltungsinteresse der antragstellenden Person das Interesse an der Richtigkeit, Genauigkeit und Überprüfbarkeit von Grundbucheintragungen überwiegt.


Grundbuch: Einsicht einschränken

Zu einer Einsichtsbeschränkung können zum Beispiel Ausführungen über Unterhalt, Obsorge und Kontaktrechte sowie vergleichbare Daten des Privat- und Familienlebens ohne Zusammenhang mit der Grundbucheintragung führen. Ausgenommen sind Kaufpreis oder Parteien des Titelgeschäfts, Daten der Grundbucheintragungen selbst (Geburtsdaten oder Pfandrechte für Kredite), insolvenzanfechtungsrelevante Daten (familiäre Beziehungen), Angaben zu Vorkauf und Wiederkaufsfällen oder Umstände, die aus den öffentlichen Büchern bekannt sein müssen, sowie Voraussetzungen öffentlich-rechtlicher Pflichten.

Wer einen „Antrag zur Beschränkung der Einsicht in die Urkundensammlung“ (Urkundenschwärzung) stellen möchte, benötigt dazu zwei Anhänge: die bereinigte Urkunde, in der die zu schwärzenden Stellen markiert sind, und die vollständige, unzensierte Urkunde. Schwärzungen können in bis zu zehn Tagebuchzahlen der Urkunde vorgenommen werden. Nur eine Urkunde pro Antrag kann zur Schwärzung beantragt werden.

Gekürzter und bearbeiteter Auszug des Fachbeitrags „Keine Grundbucheinsicht in sensible Daten“ aus der Österreichischen Jurist:innenzeitung“. Den vollständigen Artikel lesen Sie in ÖJZ-Ausgabe 11/2024.

Anträge auf Urkundenschwärzung können über das webERV-Service übertragen werden. Mit der MANZ webERV-Software für den Elektronischen Rechtsverkehr lassen sich Schriftsätze schnell erfassen und digital bei Gericht einbringen.

Querverweise in die RDB wurden automatisch mit dem MANZ Linkbutler des MANZ Genjus Word Add-In erstellt.