Home RECHTaktuell Gastkommentare Eignen KI-Chatbots Rechtsfragen?

CHATGPT & GOOGLE GEMINI IM PRAXISTEST

Eignen sich KI-Chatbots für Rechtsfragen?

Taugen KI-Chatbots wie ChatGPT und Google Gemini zur Lösung von Rechtsproblemen? Dieser Frage ging Fachautor Adrian Strobl auf den Grund.

Artikel teilen
Adrian Strobl
Universitätsassistent am Institut für Zivil- und Zivilverfahrensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien
Redaktion
Reinhard Ebner
Datum
04. September 2024

Sachverhalt

Der Protagonist erwarb im September 2022 in Wien einen Desktop-PC von einem Computerhändler. Bei der Einrichtung des Computers stellte er fest, dass das WLAN-Symbol in der Taskleiste ausgegraut war. Letztlich stellte sich heraus, dass der erworbene Rechner über kein WLAN-Modul verfügt – ein für die WLAN-Konnektivität erforderliches Hardware-Element. Wie ist die Rechtslage?

Anmerkung: Zum besseren Verständnis und zur einfacheren Lesbarkeit werden die Formulierungen der beiden generativen Sprachmodelle in der Online-Version des Fachbeitrags bearbeitet und gekürzt wiedergegeben. Unverändert sind Antworten in der Printausgabe ÖJZ 7/2024 nachzulesen.

Rechtslage: ChatGPT am Wort

ChatGPT:

Die Rechtslage hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. was zwischen dem Händler und dem Protagonisten besprochen oder vertraglich festgehalten wurde und welche Gewährleistungs- oder Garantierechte gelten.

1. Gewährleistungsanspruch: In Österreich besteht eine gesetzliche Gewährleistungsfrist von 24 Monaten. Innerhalb dieser Zeit könnte der Protagonist womöglich einen Mangel geltend machen, sofern er beweisen kann, dass der Mangel (Fehlen eines WLAN-Moduls) bereits zum Zeitpunkt des Kaufs vorlag. Hier könnte argumentiert werden, dass ein moderner Desktop-PC üblicherweise mit einem WLAN-Modul ausgestattet ist und das Fehlen eines solchen als Mangel anzusehen ist.

2. Produktbeschreibung und Aufklärungspflicht: Falls der PC mit einer Produktbeschreibung verkauft wurde, die ein WLAN-Modul beinhaltet, oder falls der Händler während des Verkaufsprozesses das Vorhandensein eines WLAN-Moduls zugesichert hat, könnte der Protagonist ebenfalls Ansprüche geltend machen. Sollte der Händler allerdings klar darauf hingewiesen haben, dass kein WLAN-Modul enthalten ist, könnte dies die Ansprüche einschränken.

User-Input:

Prüfe unter Bezugnahme auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, ob Gewährleistungsansprüche bestehen. Sollten weitere Sachverhaltselemente erforderlich sein, frage bitte nach.

ChatGPT:

In diesem Fall könnte das ABGB als Referenz für die Überprüfung möglicher Gewährleistungsansprüche herangezogen werden:

1. Gewährleistungsfrist (§ 933): Der Protagonist hat den Computer im September 2022 erworben. Das bedeutet, dass er sich immer noch innerhalb der zweijährigen Gewährleistungsfrist befindet (sofern keine andere Frist vertraglich vereinbart wurde).

2. Mangelhafte Lieferung (§ 922): Nach § 922 ist der Verkäufer dazu verpflichtet, eine mangelfreie Sache zu liefern. Ein fehlendes WLAN-Modul könnte bei einem Desktop-PC als ein Mangel betrachtet werden, insbesondere wenn während des Kaufs nicht klar auf dessen Fehlen hingewiesen wurde.

Um die Rechtslage weiter zu prüfen, wäre es hilfreich, weitere Details zum Fall zu kennen:

1. Gab es eine Produktbeschreibung und wenn ja, was stand darin bezüglich WLAN-Funktionalität?

2. Wurde während des Kaufs über die WLAN-Funktionalität gesprochen?

3. Gibt es eine vertragliche Vereinbarung oder Garantie, die den Fall beeinflussen könnte?

Rechtslage: Google Gemini am Wort

Google Gemini:

Die Rechtslage ist in diesem Fall eindeutig. Der Computerhändler hat dem Protagonisten ein mangelhaftes Produkt verkauft. Der Protagonist kann daher vom Computerhändler nach den gesetzlichen Gewährleistungsrechten verlangen, dass der Mangel beseitigt wird. Dies kann der Computerhändler entweder durch Nachbesserung (Einbau eines WLAN-Moduls) oder durch Ersatzlieferung durchführen.

User-Input:

Prüfe unter Bezugnahme auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, ob Gewährleistungsansprüche bestehen. Sollten weitere Sachverhaltselemente erforderlich sein, frage bitte nach.

Google Gemini:

Rechtsgrundlage: Die Gewährleistung für Sachmängel ist in den §§ 433 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt. Danach ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer ein mangelfreies Produkt zu liefern. Ein Sachmangel liegt vor, wenn das Produkt nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet oder nicht die Eigenschaften aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich sind und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Anwendung der Rechtsgrundlage: Im vorliegenden Fall ist der Kaufvertrag zwischen dem Protagonisten und dem Computerhändler wirksam zustande gekommen. Allerdings weist der Desktop-PC einen Sachmangel auf, da er nicht über ein WLAN-Modul verfügt. Nachdem der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag, ist der Computerhändler zur Gewährleistung verpflichtet.

„Werden KI-Modelle mit juristischen Inhalten trainiert, mit juristischen Datenbanken verknüpft und in Methodenlehre geschult, könnten sie sich zu einem sehr interessanten Tool entwickeln.“

ADRIAN STROBL, WIRTSCHAFTSUNIVERSITÄT WIEN

Anwendung von Rechtsvorschriften: KI-Chatbots im Test

Frage:

Das Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) regelt die Gewährleistung des Unternehmers bei Kaufverträgen über Waren mit einem Verbraucher. § 6 Absatz 1 VGG lautet: [Wiedergabe des Normtexts]. Absatz 2 lautet: [Wiedergabe des Normtexts]. Ein Verbraucher kauft: 1. einen Desktop-Computer um 400 Euro; 2. einen Laptop um 1.600 Euro. Beide haben keine WLAN-Funktion. Fehlt eine „objektiv erforderliche Eigenschaft“ im Sinne des § 6 VGG?

ChatGPT:

Die Beurteilung, ob eine „objektiv erforderliche Eigenschaft“ gemäß § 6 VGG fehlt, kann je nach den spezifischen Umständen des Falles variieren. Im Kontext der Frage könnte argumentiert werden, dass in der heutigen Zeit die WLAN-Funktion bei Computern und Laptops eine solche Eigenschaft darstellt, insbesondere unter Berücksichtigung des Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 des § 6 VGG.

Einige Punkte zur Überlegung:

1. Übliche Verwendung: Es könnte argumentiert werden, dass eine WLAN-Funktion eine übliche Eigenschaft gemäß Abs. 2 Nr. 1. ist, da sie für eine Vielzahl von alltäglichen Aufgaben benötigt wird, wie z.B. für den Zugriff auf das Internet, das Streamen von Medien, das Herunterladen von Software usw.

2. Öffentliche Erklärungen und Werbung: Gemäß Abs. 2 Nr. 5 könnte auch berücksichtigt werden, ob der Verbraucher aufgrund von öffentlichen Erklärungen oder Werbung vernünftigerweise erwarten könnte, dass die Geräte eine WLAN-Funktion haben. Wenn in der Werbung oder auf dem Etikett keine klare Angabe gemacht wurde, dass die Geräte keine WLAN-Funktion haben, könnte dies als Fehlen einer objektiv erforderlichen Eigenschaft angesehen werden.

3. Zustimmung zu Abweichungen: Gemäß § 6 Abs. 1 könnte der Unternehmer von der Haftung befreit sein, wenn der Verbraucher ausdrücklich und gesondert der Abweichung eines bestimmten Merkmals von den objektiv erforderlichen Eigenschaften zugestimmt hat, nachdem er eigens über diese Abweichung informiert wurde.

4. Preispunkt: Der Preispunkt der Geräte könnte auch eine Rolle spielen. Z.B. könnte argumentiert werden, dass es für einen Desktop-PC um 400 Euro vielleicht weniger überraschend ist, dass er keine WLAN-Funktion hat, verglichen mit einem Laptop um 1.600 Euro.

Google Gemini:

Ja, in beiden Fällen fehlt eine objektiv erforderliche Eigenschaft im Sinne des § 6 VGG. Die WLAN-Funktion ist eine übliche Eigenschaft für einen Desktop-Computer. Beim Laptop ist die WLAN-Funktion eine wesentliche Eigenschaft, da ein Laptop in der Regel zum mobilen Arbeiten verwendet wird.

In beiden Fällen kann der Verbraucher vom Unternehmer Gewährleistung verlangen. Der Unternehmer ist verpflichtet, den Computer mit einer WLAN-Karte auszustatten oder dem Verbraucher den Kaufpreis zu erstatten. Allerdings ist es möglich, dass der Unternehmer sich darauf beruft, dass der Verbraucher bei Vertragsabschluss der Abweichung von der objektiv erforderlichen Eigenschaft ausdrücklich und gesondert zugestimmt hat. Dies ist jedoch nur möglich, wenn der Verbraucher von der Abweichung eigens in Kenntnis gesetzt wurde. In diesem Fall müsste der Unternehmer nachweisen, dass er den Verbraucher vor Vertragsabschluss über die fehlende WLAN-Funktion informiert hat.

Konkrete Sachfragen: KI-Chatbots am Prüfstand

Frage:

Ist ein WLAN-Modul beim Kauf eines Computers eine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft? Macht es einen Unterschied, ob ein Laptop oder Desktop erworben wird? Von welchen Faktoren könnte die Beurteilung abhängen?

ChatGPT:

Ja, beim Kauf eines Computers könnte die Verfügbarkeit eines WLAN-Moduls eine wichtige Überlegung sein, obwohl es einige Unterschiede zwischen Laptops und Desktops gibt. Faktoren, die Sie berücksichtigen könnten:

• Laptops

1. Integriertes WLAN-Modul: Bei den meisten modernen Laptops ist ein WLAN-Modul in der Regel standardmäßig integriert. Es ermöglicht eine drahtlose Verbindung zu Netzwerken und ist oft eine erwartete Funktion aufgrund der portablen Natur von Laptops.

2. Gewichtung der Mobilität: Da Laptops oft für ihre Mobilität und Portabilität geschätzt werden, ist ein WLAN-Modul oft eine notwendige Komponente, um überall eine Internetverbindung herstellen zu können.

3. Modelle und Spezifikationen: Die Leistungsfähigkeit des integrierten WLAN-Moduls kann variieren. Bei High-End-Modellen können Sie höhere Geschwindigkeiten und bessere Konnektivität erwarten.

• Desktop-Computer

1. Optionales WLAN-Modul: Bei vielen Desktop-Computern ist ein WLAN-Modul nicht immer standardmäßig integriert, insbesondere bei älteren oder kostengünstigeren Modellen. Hier ist eine drahtgebundene Ethernet-Verbindung üblicher.

2. Erweiterbarkeit: Desktop-Computer bieten oft die Möglichkeit, ein separates WLAN-Modul nachzurüsten, falls es nicht bereits integriert ist. Dies könnte durch den Einbau einer PCI-E WLAN-Karte oder den Einsatz eines USB-WLAN-Adapters erfolgen.

3. Nutzungsszenario: Die Entscheidung, ob ein WLAN-Modul benötigt wird, könnte auch von Ihrem spezifischen Nutzungsszenario abhängen. Wenn Sie planen, den Desktop an einem festen Ort zu verwenden, wo eine drahtgebundene Verbindung verfügbar ist, könnte ein WLAN-Modul nicht notwendig sein.

• Weitere Faktoren

1. Kosten: Die Kosten könnten auch ein Faktor sein, wobei einige Benutzer möglicherweise bereit sind, zusätzliches Geld für ein leistungsfähigeres oder integriertes WLAN-Modul auszugeben.

2. Persönliche Präferenzen: Manche Benutzer bevorzugen möglicherweise eine drahtgebundene Verbindung wegen der oft besseren Stabilität und Geschwindigkeit, während andere die Bequemlichkeit einer drahtlosen Verbindung schätzen.

3. Technologische Entwicklungen: Die technologischen Entwicklungen könnten auch einen Einfluss auf die Beurteilung haben, mit neueren Technologien, die bessere Geschwindigkeiten und Verbindungsoptionen bieten.

Google Gemini:

Ja, ein WLAN-Modul ist beim Kauf eines Computers eine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft. In der Regel sind alle neuen Laptops und Desktop-Computer mit einem WLAN-Modul ausgestattet.

Es gibt jedoch einige Ausnahmen. Einige wenige Desktop-Computer werden ohne WLAN-Modul verkauft. Dies ist in der Regel bei günstigen Einsteiger-Modellen der Fall. Außerdem gibt es einige spezielle Computer, die für bestimmte Anwendungen konzipiert sind, wie z.B. Gaming-PCs oder Server. Diese haben möglicherweise kein WLAN-Modul.

Die Beurteilung, ob ein WLAN-Modul beim Kauf eines Computers eine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören:

• Der Preis des Computers: Günstige Computer sind in der Regel ohne WLAN-Modul erhältlich.

• Das Anwendungsgebiet des Computers: Wenn der Computer hauptsächlich für den Zugriff auf das Internet verwendet wird, ist ein WLAN-Modul unerlässlich.

• Die persönlichen Vorlieben des Käufers: Manche Menschen bevorzugen es, ihren Computer mit einem Kabel an einen Router anzuschließen.

Würdigung und Ausblick

Teilweise liefern die KI-Chatbots erstaunliche Antworten. So erkennen beide KI beinahe ausnahmslos die Mangelproblematik richtig und weisen darauf hin, dass WLAN eine sehr grundlegende Eigenschaft bei Computern ist. Sie differenzieren teilweise anhand des Preises und argumentieren in vielen Fällen schlüssig.

Auffällig ist die unterschiedliche Feinjustierung der KI-Modelle. Während ChatGPT zum Teil sehr vage Antworten gibt, bezieht Google Gemini sehr klar Stellung. Die besten Ergebnisse lassen sich mit möglichst konkreten Fragen erzielen. Bei der Frage nach der Rechtslage oder bei der Anwendung von Gesetzestexten zeigen sich jedoch auch deutliche Schwächen. Die KI-Chatbots nennen regelmäßig falsche Paragrafen und lassen ein Systemverständnis teilweise gänzlich vermissen.

Sowohl ChatGPT als auch Google Gemini sind universelle Chatbots, die nicht auf die methodische Lösung von juristischen Fragestellungen trainiert wurden und sich in einer sehr frühen Entwicklungsphase befinden. Werden KI-Modelle hingegen speziell mit juristischen Inhalten trainiert, direkt mit juristischen Datenbanken verknüpft und in der juristischen Methodenlehre geschult, könnten sie sich in Zukunft zu einem sehr interessanten Tool für die Beurteilung rechtlicher Fragen entwickeln.

Stark gekürzter und bearbeiteter Auszug des Fachbeitrags „KI-Chatbots auf dem Prüfstand“ aus der „Österreichischen Jurist:innenzeitung“. Die unveränderten Chatnachrichten und wie eine menschliche Intelligenz (jene des Autors) das vorgestellte Rechtsproblem beurteilt, lesen Sie im vollständigen Text der Ausgabe ÖJZ 7/2024.

Querverweise in die RDB wurden automatisch mit dem MANZ Linkbutler des MANZ Genjus Word Add-In erstellt.