SERVICEGESELLSCHAFT UND GESELLSCHAFTSRECHT
Sorgfaltspflicht für GmbH-Geschäftsführer
Beim Einsatz einer Servicegesellschaft im Konzern weicht die Praxis oft von den Idealvorstellungen des Gesellschaftsrechts ab. Das hat Auswirkungen auf GmbH-Geschäftsführer und deren Sorgfaltspflichten. Rechtliche Risiken können die Folge sein, meint Roman A. Rauter.

Wenn man Hauptverhandlungsprotokolle von Strafprozessen in Fällen (angeblicher) Wirtschaftskriminalität liest, so stößt man häufig auf Fragestellungen aus dem Gesellschaftsrecht, die durch die strafrechtliche Brille gesehen werden. Dadurch erscheinen Verhaltensweisen der Praxis heikel, obwohl sie Teil des unternehmerischen Alltags sind und dort in aller Regeln nicht problematisiert werden.
Ob eine solche Verhaltensweise rechtskonform oder rechtswidrig ist, klärt der Gesellschaftsrechtler oder – sollte es zur Strafverfolgung kommen – das Strafgericht. So kann es vorkommen, dass der Angeklagte stets von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens ausgegangen ist. Bis er nach geraumer Zeit zur Einsicht gelangt, dass das Gericht seine Sichtweise nicht teilt.
Grauzonen der Konzernorganisation
Festzuhalten ist, dass Verhaltensweisen praktisch gefährlich sein können, wenn sie nicht eindeutig rechtskonform sind. Gefährlich sind insbesondere jene Fälle, die ein Schattendasein in der Rechtswissenschaft führen. Infolgedessen ist häufig nicht klar, wo die Trennlinien zwischen Rechtswidrigkeit und Rechtskonformität verlaufen. Wir sprechen daher von Grauzonen oder Graubereichen. Die unternehmerische Praxis entfernt sich oftmals vom Wortlaut des Gesetzes, zumeist aus Praktikabilitätsgründen und sicher nicht stets aus krimineller Energie.
Wenn es aus Sicht des Gesellschaftsrechts um Gesellschafts- oder Konzernorganisation geht, sind die Kompetenzen der einzelnen Gesellschaftsorgane und die Schranken für deren Tätigwerden bedeutsam. Innerhalb grober Kompetenzabgrenzungen wird das Verhalten der handelnden Organmitglieder ohne konkrete gesetzliche Vorgaben insbesondere über die rechtlich gebotene „Sorgfalt“ feingesteuert. Für Arbeitnehmer wiederum besteht das Problem häufig darin, dass man ihnen die Beitragstäterschaft im Zusammenhang mit einer Straftat von Organwaltern, ihren Vorgesetzten, vorwirft.
Die dienende Servicegesellschaft
Eine Sonderkonstellation ist der Fall, dass ein Arbeitnehmer einer Gesellschaft in einer Tochtergesellschaft als Organwalter fungiert. Verbreitet ist die Übernahme einer Geschäftsführerposition in einer GmbH, weil sich diese gut als Untergesellschaft in einer Unternehmensgruppe eignet. Wird die Tochter-GmbH von der Muttergesellschaft zudem weitgehend zur Umsetzung bestimmter Aufgaben eingesetzt, spricht man von einer Servicegesellschaft. Aufgaben der Tochtergesellschaft können sein: Bündelung von Abrechnungen im Konzern (Corporate Finance), der Logistik oder des Marketings.
Der Arbeitnehmer der Muttergesellschaft ist zusätzlich in der Tochtergesellschaft als Geschäftsführer tätig. Er verrichtet seine Aufgabe daher nach eigener Wahrnehmung beispielsweise im Wesentlichen als Abteilungsleiter der Muttergesellschaft, während der Vollzug der Ergebnisse bzw. Entscheidungen der Muttergesellschaft in den Tochtergesellschaften bloß als Formalität gesehen wird.
Mit dem Einsatz einer Servicegesellschaft entfernt sich die Praxis von den Idealvorstellungen des Gesetzgebers. Dieser hatte eine eigenständige GmbH mit einem grundsätzlich selbst unternehmerisch denkenden Geschäftsführer vor Augen. Diese Abweichung bringt es mit sich, dass über die Grenzen des Zulässigen nachzudenken ist. In der ersten Ausgabe der neuen Zeitschrift „GRAUZONEN – Unternehmen im Recht“ werden die gesellschaftsrechtlichen Eckpunkte dazu im Detail dargestellt.
Sorgfaltspflicht und Vertrauensgrundsatz
Wesentliche Folge der Arbeitsteilung ist der Vertrauensgrundsatz, dessen Anwendung allerdings an Verdachtsmomenten scheitern kann. Bei unausgeräumten Verdachtslagen kann der GmbH-Geschäftsführer die Weisungsbefolgung ablehnen. Gefährlich sind unerkannt gebliebene Verdachtsmomente.
Praktisch relevant für den Geschäftsführer der Tochtergesellschaft könnte (leider) auch die Sorgfalt der Organe der Muttergesellschaft sein. Aus Sicht des Gesellschaftsrechts bleibt es grundsätzlich bei der Relevanz des Vertrauensgrundsatzes, jedoch wäre auch eine Schädigung anderer Gesellschaften im Konzern ein Risiko für den Geschäftsführer. Dies ist immer wieder ein Thema im Strafrecht.
Stark gekürzter Auszug aus dem Fachbeitrag „Der Einsatz von Servicegesellschaften aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive“ des MANZ-Autors Roman A. Rauter. Den gesamten Text samt Zitaten und Verweisen finden Sie jetzt in der ersten Ausgabe der Zeitschrift „GRAUZONEN – Unternehmen im Recht“.