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© Ina Aydogan
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Home sweet Homeoffice

Einen Riecher für gesellschaftliche Trends haben Elias Felten und Barbara Trost. Ihre Arbeit am „Praxishandbuch Homeoffice“ nahmen sie noch vor der COVID-19-Pandemie auf. Nun ist es erschienen – inklusive einer Auseinandersetzung mit dem „Homeoffice-Maßnahmenpaket 2021“.
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Redaktion
Reinhard Ebner
Datum
10. August 2021

Für Barbara Trost ist die gegenwärtige Aufregung rund um Homeoffice und Co. nichts grundsätzlich Neues. Bereits 1988 beschäftigte sich die heutige Assistenzprofessorin am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Johannes-Kepler-Universität Linz im Rahmen eines Forschungsprojekts eingehend mit der Arbeit in eigener Wohnung, damals als „Telearbeit“ bezeichnet.

„Gegen Ende der 80er-Jahre herrschte die Auffassung vor, es werde aufgrund der Digitalisierung innerhalb eines Jahrzehnts zu einer riesigen Telearbeitswelle kommen. Darauf wollte man vorbereitet sein, auch im Hinblick auf Infrastruktur und Wohnbau, weshalb das Bautenministerium das groß angelegte Projekt in Auftrag gab.“

„Schon Ende der 80er wurde ein starker Trend zur Telearbeit erwartet.“
BARBARA TROST, UNIVERSITÄT LINZ

Von Crowdwork zum Homeoffice

 

Kein Wunder also, dass Barbara Trost angesichts der derzeitigen Homeoffice-Diskussion von einem „Déjà-vu“ spricht: „Homeoffice gab es bereits vor der Pandemie. Ich gehe nicht davon aus, dass es nun zur großen Welle kommt, wohl aber, dass sich die Entwicklung auf höherem Niveau wieder einpendelt.“

 

An der JKU ist die digitale Transformation in all ihren Ausprägungen ein fächerübergreifendes Thema. Ein Bestandteil davon ist die Beschäftigung mit Homeoffice, Heimarbeit, Crowdwork sowie anderen Forschungs- und Abgrenzungsfragen. Die Ergebnisse flossen in das bei MANZ erschienene „Praxishandbuch Homeoffice“ ein.

 

„Ende Februar 2020 trafen wir zu diesem Thema zu einer Praxisveranstaltung mit Vertretern der Ennskraftwerke AG zusammen“, erinnert sich Elias Felten. „Dabei ging es unter anderem um die Frage, wer das Privileg der Homeoffice-Nutzung in Anspruch nehmen können sollte. Einen Monat später war Homeoffice unter bestimmten Berufsgruppen aufgrund der Pandemie allgemein geübte Praxis.“

 

Felten ist Universitätsprofessor und Vorstand des Instituts für Arbeitsrecht und Sozialrecht der Universität Linz sowie Mitglied des LIT Law Lab, das sich mit Rechtsfragen der digitalen Transformation beschäftigt. Im MANZ Verlag gibt er unter anderem die Buchreihe „Praxishandbuch Arbeitsrecht“ heraus, deren dritter Band nun mit dem Buch zum Homeoffice erschienen ist. Die Autoren entstammen – nebst den Herausgebern Elias Felten und Barbara Trost – der Universität Linz und der Ennskraftwerke AG.

 

Kritik am Homeoffice-Maßnahmenpaket

 

Das erste Webinar zum Thema unter Feltens Tagungsleitung wurde bereits Ende April seitens der MANZ Rechtsakademie veranstaltet. Felten und Trost berichten von „reger Teilnahme und heftigen Diskussionen“. Dazu hat nicht zuletzt das mit 1. April 2021 in Kraft getretene „Homeoffice-Maßnahmenpaket 2021“ beigetragen.

 

Felten sieht die Umsetzung durch den Gesetzgeber kritisch: „Wer sich substanzielle Neuregelungen erhofft hat, wurde enttäuscht. In weitem Umfang wird wiederholt, was ohnehin dem bis dato geltenden Recht entsprach.“ Der Versuch der Einführung eines allgemeinen Rahmentatbestandes für Betriebsvereinbarungen stifte sogar eher Verwirrung, anstatt zur Vereinheitlichung beizutragen. Themen von zentraler Bedeutung – wie beispielsweise zur Arbeitszeit oder zum Arbeitnehmerschutz – wiederum blieben im Gesetz unerwähnt, fänden sich aber als zum Teil missverständliche Notizen in den Materialien. „Mindestens kontroverse Fragen wie jene nach der Arbeitszeit und entsprechenden Aufzeichnungen hätten einer Lösung bedurft.“

 

Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten

 

Entsprechenden Weitblick beim Gesetzgeber vorausgesetzt, hätte das legistische Optimum in der Schaffung eines rechtlichen Rahmens für mobiles Arbeiten bestanden – egal ob die Arbeitsleistung nun zu Hause, im Intercity oder im Open-Space-Büro erbracht wird. Dabei wären auch Fragen nach Privatsphäre und Datenschutz, Fragerechte des Arbeitgebers sowie betriebsverfassungsrechtliche Aspekte vom passiven Wahlrecht über den Versetzungsschutz bis zum allgemeinen Kündigungs- und Entlassungsschutz zu klären.

 

Alles in allem also ein unbefriedigendes Ergebnis trotz langer Vorlauffrist. Felten sieht darin „mehr eine Beruhigungspille als die notwendige Weichenstellung für die Zukunft des Arbeitsrechts“. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt: „Die steuerrechtlichen Regelungen werden nach drei Jahren evaluiert. Vielleicht lässt man dann ja auch erste Erfahrungswerte einfließen, um da und dort nachzubessern.“

„Das Homeoffice-Maßnahmenpaket vergibt die Chance, die Zukunft des Arbeitsrechts zu regeln.“
ELIAS FELTEN, UNIVERSITÄT LINZ

Wie Homeoffice und Fernlehre in der Pandemie an der JKU Linz bewältigt wurden, lesen Sie in der ungekürzten Coverstory im ePaper der RECHTaktuell 2021/04 oder in der Printausgabe. Im Webshop finden Sie das „Praxishandbuch Homeoffice“.