Johannes Zahrl
Faszination „Querschnittsmaterie Medizinrecht“
Die Weihburggasse 10 ist ein altehrwürdiges Haus, nur einen Steinwurf vom Wiener Stephansplatz entfernt. In dieser engen Straße ist der Sitz der Österreichischen Ärztekammer, Kammeramtsdirektor Johannes Zahrl geht seit 26 Jahren hier ein und aus. „Ich komme gern her“, sagt der Jurist des Hauses. Sein Nachsatz: „Das Besondere ist, dass wir Behörde und Interessenvertretung in einem sind.“ Zahrl ist unter anderem für die niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen zuständig und hat seit jeher eine sehr gute „Gesprächsbasis mit den Sozialversicherungen.“ Das ist wichtig für den Berufsstand.
Johannes Zahrl, geboren 1963 in Wien, wuchs als Sandwich-Kind mit drei Geschwistern im 20. Bezirk in Wien auf. Er ist der erste Jurist in einer Lehrerfamilie. „Wer zwei Linke hat, studiert die Rechte“, habe sein älterer Bruder, der Lehrer ist, häufig gewitzelt. Als Schüler träumte Zahrl von einer Karriere als Diplomat und inskribierte dafür Rechtswissenschaften. „Aber im Grunde bin ich ein sehr sesshafter Mensch“, somit wurde die Diplomatenlaufbahn ad acta gelegt, bevor sie noch begonnen hatte.
Jurist und Sanitäter
Das Studium selbst bereitete ihm große Freude. Er begann als Assistent bei Winfried Platzgummer zu arbeiten und war nebenbei ehrenamtlich als Sanitäter bei der Rettung im Einsatz. Dort erlebte er viele Geschichten. Nach einem Wochenende mit drei Reanimationen sagte Platzgummer zu ihm: „Sie müssen ins Medizinrecht“ und stellte ihm Christian Kopetzki vor. Dieser wurde zu einer prägenden Figur für Johannes Zahrls Laufbahn. „So ziemlich alles, was ich im Medizinrecht kann, habe ich von ihm gelernt“, sagt er mit unverhohlener Bewunderung. Medizinrecht sei vor allem eine juristische Querschnittsmaterie, genau das gefällt Zahrl. Ob er von Medizin selbst eine Ahnung hat? „Ich verstehe so gut wie nichts von Medizin, allerdings nach Jahren als Notfallsanitäter sicher mehr als andere Medizinrechtler“, so seine diplomatische Antwort.
Nach seiner Assistententätigkeit wechselte er als Jurist in die Beamtenversicherung. Dort hatte er wenig mit Medizinrecht zu tun. Und wieder war es Kopetzki, der ihm riet, sich bei der Ärztekammer zu melden, weil man dort einen Juristen suche. „Mein erster Chef wurde Ärztekammerpräsident Michael Neumann, dem gefiel, dass ich auch schlagfertig sein kann“, lacht er. Seitdem hat er sechs Präsidenten erlebt, „mit Thomas Szekeres verstehe ich mich bestens, ich kenne ihn schon aus meiner Studentenzeit“.
Neben seinem Kammerjob ist Johannes Zahrl als Autor tätig, „weil man Problemstellungen beim Schreiben bis zum Ende durchdenken muss“. Gemeinsam mit Kopetzki hat er die Schriftenreihe „Recht der Medizin“ bei MANZ aufgebaut. Zahrls Fachgebiet ist auch die ärztliche Begutachtung, zuletzt erschien ein Band zum weiten Feld der zahnärztlichen Chirurgie, „darüber gab es nichts, es war eine Lücke, die jetzt geschlossen ist“. Daneben unterrichtet Johannes Zahrl Medizinrecht und ist seit Jahren Honorarprofessor am Juridicum in Wien. „Da schlägt mein familiäres Lehrererbe voll durch“, schmunzelt er.
Apropos Erbe: Johannes Zahrls Tochter Julia studiert Medizin in Wien, und das freut den Herrn Papa ganz besonders. Denn auch er – das verrät er erst am Ende des Gesprächs – habe einstmals den ersten Abschnitt in Medizin gemacht, habe aber dann, als seine Tochter auf die Welt kam, lieber Zeit zu Hause als in Seziersälen verbracht. Umso mehr freut ihn, dass sie in gewisser Weise einen Kreis schließt.
Von Zypern bis Akkordeon
Was Johannes Zahrl noch auszeichnet: „Eine gewisse Affinität zu Zypern, weil ich mit einer Zypriotin verheiratet bin.“ In seinem Büro in der Weihburggasse hängen Landschaftsansichten mit Blick aufs zypriotische Meer. Seit sich die Familie in Niederösterreich ein Haus gekauft hat, sind sie allerdings nur mehr selten im Süden.
Abgesehen davon ist Johannes Zahrl ein passionierter Akkordeonspieler und tritt in einem Ensemble mit fünf anderen auch professionell auf. Als Liebhaber von Orgelmusik hat er seit Kurzem sogar eine eigene Orgel für daheim. „Nein, keine Bontempi, sondern eine richtige“, lacht er und zeigt ein Bild davon am Handy. Wenn er wirklich entspannen will, setzt er die Kopfhörer auf und spielt Bach. In den stressigen Corona-Monaten hat ihn das immer wieder zur Ruhe gebracht.
"Ich verstehe so gut wie nichts von Medizin, allerdings nach Jahren als Notfallsanitäter sicher mehr als andere Medizinrechtler."
JOHANNES ZAHRL, KAMMERRATSPRÄSIDENT DER ÖSTERREICHISCHEN ÄRZTEKAMMER & MANZ-AUTOR
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